ERZlich Willkommen liebe Freunde, der Schutz-, Leit- und Elektrotechnik. In unserem neuen Fachbeitrag bringt uns Roland Bürger (SENSELEQ) den technischen Unterschied zwischen klassisch induktiven Stromwandlern und neuen Fluxgate-Wandlern näher.
Viel Spaß beim Lesen, wir übergeben!
Nicht-Linearität von induktiven Stromwandlern
Der Stromwandler wird in der Literatur oft als nicht-lineares Messmittel bezeichnet. Dies rührt daher, dass der Amplitudenfehler in den meisten Fällen nicht konstant ist. Der Grund für die unerwünschte Abweichung ist der nicht-lineare Magnetisierungsstrom.
Der Stromwandlerfehler kann durch folgende Grafik dargestellt werden.
Im Gegensatz zum Spannungswandler, bei dem sich die Spannung lediglich um ± 10 % im Normalbetrieb ändern kann, ist der Strom nicht konstant. Der magnetische Arbeitspunkt des Stromwandlers durchläuft somit einen viel größeren Bereich auf der Magnetisierungskennlinie als der des Spannungswandlers.
Der Spannungsabfall V0 über dem Kern ist für den magnetischen Arbeitspunkt des Stromwandlers verantwortlich. Die Spannung wird durch die Größe des Sekundärstroms und den daraus resultierenden Spannungsabfällen über der Sekundärwicklung (Kupferwiderstand) und der Eingangsimpedanz des Messgerätes bestimmt.
So wird im unteren Aussteuerungsbereich des Stromwandlers oftmals ein größerer prozentualer Anteil des Sekundärstroms für die Magnetisierung des Kerns aufgewendet. Dieser Magnetisierungsstrom wird durch die meist nicht-lineare Magnetisierungskennlinie des Eisenkerns maßgeblich bestimmt. Es entstehen daher im unteren Aussteuerbereich des Stromwandlers größere prozentuale Fehler. Dieser Zusammenhang wird in den definierten Genauigkeitsklassen in der Stromwandlernorm IEC 61869-2 deutlich. Ist der Primärstrom kleiner zwanzig Prozent vom Nennwert, so gestattet beispielsweise die Genauigkeitsklasse 0.5S größere prozentuale Abweichungen.
Primärumschaltbare Stromwandler
Um Ungenauigkeiten bei kleineren Stromamplituden zu verhindern, gibt es umschaltbare Stromwandler. Auf der Primärseite kann der Strombereich durch verschiedene Konfigurationen der Anschlussterminals bestimmt werden.
Mit diesem Wandlerkonzept wird das Ziel verfolgt, die Aussteuerung des Stromwandlers nah im Bereich des primären Nennstromes zu halten. Der prozentuale Fehler wird dadurch minimiert. Ungenauigkeiten bei kleineren Primärströmen sollen so verhindert werden.
DCCT – Direct Current Current Transducer
Neben der Nicht-Linearität von induktiven Stromwandlern, gibt es ebenfalls Ungenauigkeiten bei zu messenden Stromamplituden mit niedriger Frequenz, die u. a. bei Frequenzumrichterantrieben vorkommen (z. B. 5 Hz). Gleichstromanteile werden überhaupt nicht transformiert und können zu Sättigungserscheinungen führen. Hierbei wird die spezifizierte Klassengenauigkeit häufig nicht mehr eingehalten. Auch die Signalform wird deformiert auf der Sekundärseite wiedergegeben. Ein DCCT-Sensor (Direct Current Current Transformer), der nach dem Fluxgate-Prinzip arbeitet, kann Signale von DC bis in den Megahertzbereich übertragen.
Das Fluxgate-Prinzip wurde in den 1930er Jahren entdeckt und für Luftspaltmagnetometer verwendet. Erste DCCTs nach dem hier beschriebenen Verfahren wurden in den 1980er Jahren unter anderem von der dänischen Firma DANFYSIK gebaut. Die Technologie erlaubt heute hochgenaue Strommessungen von wenigen mA bis 40 kA mit höchster Präzision, Genauigkeit und Stabilität. In vielen Testlaboren werden DCCTs bereits als Referenzsensoren eingesetzt. Die grundlegenden Messprinzipien sollen hier im Nachfolgenden erklärt werden.
Grundlagen induktiver Stromwandler
Grundsätzlich gilt für einen einfachen induktiven Stromwandler das Ampèresche Gesetz. Ein elektrischer Strom generiert ein magnetisches Feld um den Leiter. Die Stärke des Magnetfeldes korreliert dabei mit der Stromstärke.
Die Richtung des Magnetfeldes kann dabei mit der rechten Hand bestimmt werden. Der sich ändernde magnetische Fluss im Eisenkern induziert wiederum einen Sekundärstrom, der an den Klemmen S1 und S2 abgegriffen werden kann. Der Sekundärstrom kann mit der Kenntnis über die Anzahl der Windungen schnell errechnet werden.
Grundlagen des Fluxgate-Prinzips
Das Fluxgate-Prinzip (im Deutschen auch unter dem Nullflussprinzip bekannt) beruht darauf, dass die durch den Primärstrom erzeugte magnetische Flussdichte stets auf null Tesla geregelt wird. Dazu muss ein Strom in der Sekundärwicklung fließen, der eine gegensätzliche magnetische Flussdichte im Eisenkern zum Primärstrom induziert.
Es stellt sich jetzt die Frage, wie detektiert werden kann, wann die Bedingung
erfüllt ist.
Die Erkennung wird durch eine Erregerwicklung und deren Strom IEXC (Excitation Current) realisiert. Hierbei handelt es sich um einen Wechselstrom, der den Kern bis in den Sättigungsbereich aussteuert.
Durch die leichte Sättigung des Eisenkerns ergeben sich symmetrische Deformationen im Sekundärsignal der zusätzlich aufgebrachten Kontrollwicklung. In der folgenden Abbildung ist der prinzipielle Erregerstrom dargestellt. Im Bereich der Spitzenamplituden werden die Sättigungsbereiche des Eisenkerns erreicht.
Fließt nun ein DC-Strom durch den primären Leiter, wird der magnetische Arbeitspunkt auf der Hysteresekurve durch die zusätzliche Magnetisierung verschoben. Eine Halbschwingung des Erregerstroms befindet sich nun noch deutlicher in der Sättigung. Der Erregerstrom und der DC-Strom bilden in der Summe den Gesamtstrom, der für die korrelierende magnetische Flussdichte verantwortlich ist.
In der sekundären Kontrollwicklung kann dieses Szenario ebenfalls detektiert werden. Die asymmetrischen Deformationen im Sekundärsignal sind in der folgenden Abbildung ersichtlich. Sie korrelieren mit der Größe des Primärstroms.
Durch eine dritte grüne Wicklung könnte jetzt ein Gleichstrom eingespeist werden, der das Integral über den Strom in der Kontrollwicklung wieder gegen null regelt. Dieser zusätzliche Sekundärstrom kann wiederum genau gemessen werden und es ist möglich, auf die Amplitude des DC-Stroms im Primärleiter zurückzuschließen. Der magnetische Fluss im Kern beträgt wieder null.
Das Fluxgate-Prinzip ist somit umgesetzt, da durch den Sekundärstrom der magnetische Fluss im Kern jederzeit auf null geregelt werden kann.
Optimierung DCCT
Ein negativer Effekt des Erregerstroms ist, dass der Primärstrom durch das erzeugte Wechselfeld durch die Erregerwicklung minimal beeinflusst wird. Aus diesem Grund wird ein zweiter Eisenkern hinzugenommen, auf dem die Erregerwicklung entgegengesetzt zum ersten Eisenkern aufgebracht wird. Damit heben sich die durch den Erregerstrom erzeugten Magnetfelder wieder auf. Der Primärstrom bleibt nahezu unbeeinflusst.
Bis zu diesem Punkt wurde dargestellt, welcher Aufbau notwendig ist, um Gleichströme zu messen. Um ebenso Wechselströme messen zu können, wird ein dritter Eisenkern benötigt.
Messung der AC-Komponente durch einen dritten Kern
Besteht der Primärstrom Iprimary neben einem Gleichstromwert ebenfalls aus AC-Anteilen wird ein dritter Eisenkern benötigt. Die AC-Komponente wird über den dritten Kern dem Regelkreis zugeführt. Um die Genauigkeit im unteren Frequenzbereich noch weiter zu verbessern, wird das Erregersignal als Rechtecksignal ausgeführt. Die elektronische Auswertung wird über die Analyse der zweiten Oberschwingung des Erregersignals durchgeführt.
Der Leistungsverstärker generiert anschließend ein genaues Abbild des Primärstroms, das lediglich durch die Anzahl der Sekundärwicklungen dividiert wurde. Dieser sekundäre Kompensationsstrom wird im Falle eines gewünschten Stromausgangssignals über eine Buchse nach außen geführt. Das Stromsignal kann anschließend über einen Messshunt geführt werden. Das Messgerät kann daraufhin das Spannungssignal weiterverarbeiten. Wird ein Spannungsausgang am Gerät gewünscht, so wird der sekundäre Kompensationsstrom intern über einen Shunt geführt. Die Spannung über dem Shunt wird anschließend verstärkt, um das Signal genormt für die weitere Verwendung verfügbar zu machen.
Die einzigartige Konstruktion des Fluxgate-Systems sorgt für eine hohe Genauigkeit und Stabilität, ohne dass Temperaturregelungseinrichtungen erforderlich sind.
Oberhalb einiger kHz hat der Leistungsverstärker für den sekundären Kompensationsstrom keine aktive Kontrolle mehr über seinen Ausgangsstrom, sondern bildet lediglich einen Kurzschluss. Der dritte Kern arbeitet jetzt als normaler induktiver Stromwandler. Die Bandbreite wird lediglich durch das Zusammenspiel von Streureaktanzen und den Kapazitäten der Wicklung beeinträchtigt.
Die Frequenzangaben können von Gerät zu Gerät etwas variieren.
Minimierung des Einflusses externer Felder
Um gegenüber elektromagnetischen Feldern robust zu sein, werden die drei Kerne in einer besonderen Art und Weise angeordnet. Die DC-Sensorik (Kern 1 und 2) wird innerhalb des dritten Kerns eingefügt.
Können Messgeräte den DC-Offset des Sensors kompensieren, werden bereits DC-Anteile im mA-Bereich sehr genau erfasst.
Sensorkopf aus Gießharz für Outdoor-Anwendungen
Nachdem die Kupferwicklungen auf den entsprechenden Kernen aufgebracht sind, kann der Sensorkopf mit den elektronischen Schaltkreisen in Plastik- oder Metallgehäusen verbaut werden. Für Anwendungen im Transport- bzw. Verteilnetz können ebenfalls Sensorköpfe in Gießharz vergossen werden. Hierbei wird die Elektronik in einer Elektronikbox einige Meter von dem Sensorkopf entfernt in einem passenden Schaltschrank verbaut. Die Lebensdauer des Sensorkopfes ohne Elektronik ist dementsprechend mit herkömmlichen Stromwandler vergleichbar.
Fluxgate-Stromwandler von Senseleq können ebenfalls einen 1 A Ausgang wie herkömmliche Stromwandler bereitstellen. Eine 50 Hz-Genauigkeitsmessung liefert eine überragende Genauigkeit.
Neben der hohen Genauigkeit ist der Fehlerverlauf für alle Lasten im Bereich von 0 bis 4 VA im Gegensatz zum induktiven Stromwandler immer gleich.
Zusammenfassung und Ausblick
Fluxgate-Sensoren werden seit Jahrzehnten in Messlaboren eingesetzt, um eine hochgenaue Leistungsberechnung möglich zu machen. Der einzige Grund, warum diese Technologie nicht großflächig ausgerollt wird, ist der im Vergleich zu herkömmlichen Stromwandlern hohe Preis. Die negativen Aspekte der traditionellen Stromwandler wie Sättigungseffekte durch parasitäre Gleichströme, Falschbebürdungen und die nicht-lineare B-H-Charakteristik der Eisenkerne sind bei der Fluxgate-Technologie nicht existent. Leistungsberechnungen und Stromanalysen sind in allen Spannungsebenen durch die Verwendung von Fluxgate-Stromsensoren deutlich verlässlicher. Phänomene wie Subharmonische oder Oberschwingungen können ebenfalls hochgenau detektiert werden.
Darüber hinaus werden in einigen Bereichen bereits die normativ begrenzten DC-Anteile in AC-Systemen erfasst und bewertet. Generell lässt sich konstatieren, dass die im Labor erforderliche Messelektronik aufgrund der neuartigen Verbraucher und Erzeuger auf Halbleiterbasis ebenfalls im Versorgungs- und Transportnetz notwendig ist, um die nicht immer ungefährlichen Rückwirkungen und Einflüsse kontrollieren zu können.