Jun 19, 2017
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Prüfung

Arbeiten unter Spannung? | AuS - Teil 1

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erzlich Willkommen liebe Freunde der elektrischen Schutz- und Leittechnik. Wo beginnt "Arbeiten unter Spannung" (AuS) und wo ist die klar definierte Grenze? Sind wir als Prüfingenieure dazu verpflichtet eine gültige AuS-Ausbildung zu besitzen? Wie ist AuS definiert und was gibt es außerdem zu beachten?Wir freuen uns riesig, denn auf diese und weitere drängende Fragen antwortet uns unser Gastautor Mathias Diedrich in den folgenden zwei Beiträgen.

Zur Person:

Herr Dipl. Ing. Mathias Diedrich ist derzeit leitender technischer Referent im LEAG Qualifizierungszentrum in Lübbenau. Er ist dort unter anderem für die AuS-Ausbildung zuständig, Vorsitzender des VDE ETG Fachausschuß V2.2, des Arbeitskreises AuS im Bezirksverein Dresden und in mehreren Arbeitskreisen des VDE tätig.

In unserem heutigen ersten Teil erhalten wir von unserem Gastautor Mathias Diedrich eine informative Einführung in die Thematik, um dann in einem weiteren zweiten Teil in die Details einzusteigen. Los geht's:

Arbeiten unter Spannung (AuS)? Teil 1

Oftmals ist das Arbeiten unter Spannung für Unternehmen und in Unternehmen unabdingbar. Betriebsunterbrechungen kosten Geld und sind häufig aus prozesstechnischen Gründen möglichst zu vermeiden. Aber auch die Forderungen zum Gesundheitsschutz für das Personal haben hierbei eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den Arbeitgeber.

So heißt es zum Beispiel im Fachbuch "Der Prüfkoffer - Das Inbetriebsetzungsbuch für Wandler" von Alexander Muth unter der Überschrift „Sicherheitshinweis“:

„Bei allen beschriebenen Prüfungen können gefährliche Spannungen auftreten. Die Sicherheitsregeln und Sicherheitsvorschriften für elektrische Anlagen sind bedingungslos einzuhalten. Die beschriebene Arbeiten dürfen nur durch qualifiziertes Personal vorgenommen werden“.

Das betrifft aber nicht nur die Prüfingenieure, sondern auch das betreibende Personal, sämtliche messende und prüfende Personen sowie alle Instandhaltungsmitarbeiter.

Aus diesem Grund ist doch dringend zu klären: Was ist „AuS“?

Die Definition:

In der DIN VDE 0105-100 „Betrieb von elektrischen Anlagen“ aus dem Oktober 2015 ist unter Punkt 3.4.4 die offizielle Definition zu lesen:

Jede Arbeit, bei der eine Person bewusst mit Körperteilen oder Werkzeugen, Ausrüstungen oder Vorrichtungen unter Spannung stehende Teile berührt oder in die Gefahrenzone gelangt.

Wir Prüfingenieure bewegen uns üblicherweise im Bereich < 1000 V und somit im Bereich der Niederspannung. Um nun das AuS auf die jeweiligen Einsatzgebiete in der Niederspannung anwenden zu können, müssen wir uns kurz mit dieser Definition auseinander setzen.

In der Niederspannungsebene werden demnach Arbeiten unter Spannung ausgeführt, wenn der Arbeitende blanke unter Spannung stehende Teile direkt oder auch indirekt berührt. Man kann also sagen, die Elektrofachkräfte sind stets gezwungen unter Spannung zu arbeiten, da ja sonst noch nicht einmal die Festellung der Spannungsfreiheit im Rahmen der 5 Sicherheitsregeln möglich wäre.

So randscharf soll es natürlich auf keinen Fall ausgelegt werden.

Im Punkt 6.3 der VDE 0105-100 wird das AuS ausführlich behandelt und näher beschrieben. Die Rahmenbedingungen für das AuS werden im Wesentlichen durch die DGUV Regel 3 definiert. Die Regeln beinhalten die technisch-organisatorischen Voraussetzungen für das AuS im Unternehmen. Dabei müssen deutsche Anforderungen und Verfahren zum Einsatz kommen.

Oberster Grundsatz ist immer die Sicherheit und Gesundheit aller an den Arbeiten beteiligter Personen. Das heißt, dass es auch Arbeiten gibt, die nicht als AuS ausgeführt werden können bzw. dürfen. Das wird durch die jeweilige Gefährdungsbeurteilung dargestellt und festgeschrieben.

Ein häufiger Problempunkt sind Arbeiten in Altanlagen, in denen es offene spannungsführende Teile gibt. Da hier Sicherheitsabstände eingehalten werden müssen, beginnt das AuS schon eher (Mindestarbeitsabstand) und das Personal muss die entsprechenden Kenntnisse darüber besitzen.

In einigen Fällen brauchen die Forderungen möglicherweise nicht vollständig umgesetzt werden. Das ist beispielsweise beim Feststellen der Spannungssfreiheit zutreffend oder auch beim Anbringen von Erdungs- und Kurzschlussvorrichtungen. Hierbei handelt es sich um Arbeiten für die Elektrofachkraft, für die man keine gesonderte Schulung benötigt. Was man aber auch bei diesen Arbeiten nicht vergessen oder außer Acht lassen sollte, ist das auch hier Gefährdungen für die Elektrofachkraft vorhanden sind bzw. sein können. Auf diese Fälle möchte ich hier nicht weiter eingehen.

Es geht mir vielmehr um die Arbeiten unter Spannung für die das Personal qualifiziert sein muss und das richtige Werkzeug bzw. die entsprechende Ausrüstung besitzen muss.

Dabei geht es beispielsweise um Tätigkeiten wie:

🌐 Montage von Kabelmuffen im NS Bereich

🌐 Montage / Demontage von Sicherungsleisten

🌐 Montage / Demontage von IED's, Zählern, und sonstigen Sekundäreinrichtungen

Die Fehlersuche:

Was aber in den meisten Fällen nicht beachtet wird, oder sagen wir besser, zur allgemeinen Tätigkeit des „Elektrikers“ und weitestgehend zur angewandten Praxis gehört, ist das „Ausklemmen von Einzeladern im Rahmen der Fehlersuche in Hilfsstromkreisen“. Hierbei handelt es sich um eine spezielle Form der "Arbeit unter Spannung".

Sicherlich wird jetzt der ein oder andere Leser schmunzeln und sagen:

"Dass mache ich doch täglich und der 1,5 mm Klingeldraht ist ja nicht gefährlich."

Auch hier ist permanent eine tödliche Gefahr vorhanden, was aber sehr schnell übersehen oder vergessen wird. Entsprechende Unfälle der jüngsten Vergangenheit bestätigen das Gefahrenpotential, die BG ETEM veröffentlicht und warnt hierzu in regelmäßigen Abständen.

Ein kleiner Draht mit der entsprechenden Spannung und einem resultierenden Stromfluss durch den menschlichen Körper erzeugt die gleiche Wirkung wie eine 8 x 4 cm starke Sammelschiene. Um diese Gefahr zu beseitigen erfordert es besondere technische und organisatorische Maßnahmen. Dazu gehört ein geeignetes Arbeitsverfahren sowie gut ausgebildetes und ausgerüstetes Personal.

--- Ende Teil 1 ---

Nach diesem informativen und einleitenden Teil in das Thema AuS freuen wir uns auf Herr Diedrichs zweiten Teil, dann mit wesentlichen Details und Anregungen zur praktischen Umsetzung von Prüfarbeiten.

HERZliche Grüsse | schutztechnik.com

PS.: Für direkte Anfragen zum Thema AuS und AuS Schulungen kann Herr Diedrich direkt kontaktiert werden.

Herr Mathias Diedrich

LEAG Qualifizierungszentrum Lübbenau  Straße des Friedens 26

03222 Lübbenau / Spreewaldmathias.diedrich@leag.deTel. +493542 874 352

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